• Wen es interessiert : Der Test von 1996 zeigt, dass der B3 dem erheblich stärkeren M3 (321PS) nicht nur in Spurt und Vmax überlegen ist ?

    BMW Alpina B3 3.2

    02.10.1996 - 14:12 Uhr von Götz Leyrer


    Der B3, das auf dem Dreier-BMW basierende Volumenmodell von Alpina, ist deutlich stärker geworden. Die neueste Version besitzt einen Sechszylindermotor mit 3,2 Liter Hubraum, der es auf 265 PS bringt.

    Burkard Bovensiepen, der Chef von Alpina im bayerischen Buchloe, hat es nicht leicht. Die BMW-Basis seiner Produkte hat ein Qualitätsniveau erreicht, das eine Verbesserung nur in engen Grenzen denkbar erscheinen lässt. Wer beispielsweise seinen Dreier- BMW betont sportlich möchte, muss sich fragen, ob er mit dem M3 vom Werk nicht gut genug bedient ist. Alpinas B3, bei dem jetzt eine neue Version mit 3,2 Liter Hubraum die Dreiliter-Ausführung ablöst, hat trotzdem seinen Markt gefunden. Rund 1000 Exemplare wurden bereits verkauft, womit der schnelle Dreier das erfolgreichste Modell ist, das Alpina jemals auf die Räder gestellt hat. Schon diese Stückzahl beweist, dass Alpina das Prädikat eines vom Kraftfahrtbundesamt sanktionierten Autoherstellers redlich verdient. Die intensive Zusammenarbeit mit BMWermöglicht diesen Status: Alpina zerlegt keine fertigen Autos und baut sie nach eigenen Vorstellungen auf, sondern bekommt vom Werk fertige Karossen angeliefert, individuell spezifiziert, je nachdem, ob später ein B3 mit sechs oder ein B8 mit acht Zylindern entstehen soll.

    Auch die Vorstellung, dass Alpina für den B3 serienmäßige BMW-Triebwerke aufbohrt und nach den klassischen Methoden der Leistungssteigerung präpariert, geht an der Wahrheit vorbei. Die fertigen Motorblöcke kommen aus dem BMW-Werk in Graz, der Zusammenbau der Maschinen erfolgt in sorgfältiger Handarbeit. Als Endprodukt präsentiert Alpina traditionell ein Auto, das mit Bovensiepens meistgehaßter Vokabel, Tuning, nichts zu tun hat und eine Ausgewogenheit und Qualität zeigt, wie sie von sehr guten Serienmodellen erwartet werden darf. Womit aber natürlich noch nicht die Frage beantwortet ist, warum ein Kunde B3 statt M3 sagen sollte. Allein die Tatsache, dass der Alpina mit einem um rund 9000 Mark niedrigeren Einstandspreis lockt, dürfte in dieser Kategorie nicht mehr ausschlaggebend sein. Eher schon, und das ist angesichts der sportlichen Alpina- Tradition zunächst einmal verblüffend, dass der B3 höhere Ansprüche an den Komfort erfüllt als das M-Modell mit seinem hochdrehenden Motor und seinem straffen Fahrwerk. Dafür spricht auch, dass Alpina rund 40 Prozent der B3-Produktion mit der Switchtronic genannten Viergangautomatik verkauft, die manuelles Schalten mit Tipptasten im Lenkrad erlaubt und nur unwesentlich schlechtere Fahrleistungen bietet als die Ausführung mit Sechsgang-Schaltgetriebe (siehe Vergleichstabelle auf Seite 58). Die wiederum muss sich vor einem M3 nicht verstecken. Der Alpina bleibt mit seinen 265 PS zwar deutlich von der Maximalleistung des M3 (321 PS) entfernt, aber die Leistungskurven der beiden Motoren klaffen bis zur Nenndrehzahl der Alpina-Maschine (5800/min) nicht weit auseinander.

    Nur bei sehr hohen Drehzahlen liefert der M-Sechszylinder, der weit über 7000/min ausdrehen darf, nennenswerte Mehrleistung. Die Differenzen im Beschleunigungsvermögen fallen deshalb gering aus. Bis 120 km/h beschleunigt der leichtere Alpina (1460 statt 1530 Kilogramm) sogar eine Spur besser, erst darüber vermag der M3 die zusätzlichen Pferdestärken in Szene zu setzen. Im obersten Geschwindigkeitsbereich wiederum hat der Alpina die theoretische Chance davonzuziehen, weil er nicht an die BMW übliche Selbstbeschränkung auf 250 km/h gebunden ist. Dabei erweist sich die lang übersetzte sechste Fahrstufe als vorteilhaft, weil sie hohes Autobahntempo bei bescheidenen Drehzahlen und entsprechend geringer Geräuschentwicklung erlaubt. Bei der Höchstgeschwindigkeit von 262 km/h muss sich die Kurbelwelle nur 5650mal in der Minute drehen. Die wahre Stärke des Alpina- Triebwerks, das technisch nicht auf der M-Maschine, sondern auf dem regulären 2,8 Liter- Motor basiert, liegt allerdings im unteren und mittleren Drehzahlbereich. Es reagiert mit giftigem Biss aufs Gas, wobei die Geräusche des Gaswechsels jene kernige Tonlage annehmen, wie sie nur sechs in Reihe angeordnete Zylinder zuwege bringen.

    Die überzeugende Durchzugskraft macht die sechs Vorwärtsgänge zum puren Luxus. Wer die Reserven nicht voll ausnutzen will, gewöhnt sich deshalb schnell an, beim Hochschalten einzelne Gänge zu überspringen. Auf der anderen Seite bietet das knackig und exakt schaltbare Getriebe die Möglichkeit, bei schneller Fahrweise auf kurvenreichen Strecken den Motor immer im optimalen Leistungsbereich zu halten. Ein Triebwerk also, das beim sportlichen Schnellfahren ebenso Fahrlaune macht wie beim gemütlichen Bummeln – und das überdies seine hohe Leistung mit einer bemerkenswerten Ökonomie verbindet. Verbrauchswerte um neun Liter/ 100 km zu erreichen, bedeutet keineswegs, langsam unterwegs zu sein. Wer mehr als zwölf Liter durch die Einspritzdüsen befördert, bewegt sich auf dem Temponiveau sehr viel teurerer Sportwagen. Das präzise Handling macht schnelles Fahren ebenso problemlos wie das erstklassige Fahrverhalten. Die Mischbereifung (vorn 235/40 ZR 17, hinten 265/35 ZR 17) unterdrückt erfolgreich die latente Übersteuerneigung eines starken Hecktrieblers, ein übriges tut die Antriebsschlupfregelung. Selbst bei den sehr hohen Kurvengeschwindigkeiten, die der B3 ermöglicht, bleibt er bei einem neutralen Eigenlenkverhalten. Der Geradeauslauf bei hohem Tempo ist von beruhigender Stabilität. Nicht zuletzt unterstreichen die Bremsen die hohe aktive Fahrsicherheit. Dass die Fahrwerksabstimmung gut gelungen ist, zeigt auch die Federung. Sie ist naturgemäß straff ausgelegt, um auch in Extremfällen für ein exaktes Fahrverhalten zu sorgen. Aber harte Stöße kommen nicht durch, der gute Kontakt zur Fahrbahn artet nicht dahin aus, dass die Insassen von Vertikalbewegungen geplagt werden. Die Alpina-Techniker, das zeigt der neue B3, haben wieder einmal überzeugende Arbeit geleistet. Burkard Bovensiepen, der gerade seinen 60. Geburtstag gefeiert hat, hätte sich kein gelungeneres Geschenk wünschen können.

    Quelle: 1996 Motor-Presse Stuttgart

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